31 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg

31# Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg von 1920

Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.


Vereinödung in Obergünzburg und die Verteilung der Gemeindeböden

Frage 1: Man wird dir wohl eine gute Wegzehrung gegeben haben?

Antwort: Ja! – Drei Fleck Böden, diese soll ich mit meinem Schweiß urbar machen, damit ich den Sommer durch meine zwei Kühe im Stall füttern kann.

Frage 2: Was hältst du von der Stallfütterung?

Antwort: Ich bin mir selbst spinnefeind und schäme mich vor Gott und der Welt, dass ich durch mein dummes und unüberdachtes Jawort das liebe stumme Vieh seiner so nötigen frischen Luft beraubt habe. Ebenso entziehe ich ihm die nützlichen Weidekräuter, durch die es sich im Winter von üblem Futter, verschimmeltem und verstaubtem Heu sowie dessen Schärfe und Gries befreien könnte. Dies ist doch der ganzen Welt bekannt, und selbst die Lippen der Menschen bestätigen es. Der Mensch selbst sucht durch die Buttermilch, seine Gesundheit zu erhalten und zu unterstützen.

Frage 3: Wo befinden sich diese drei Fleck Böden?

Antwort: Einer ist im Schöllhorner Hag, der andere beim Seesenbauern an der Halde, der dritte dort, wo die Untrasrieder den Berg hinaufgehen.

Frage 4: Was messen diese drei Fleck Böden?

Antwort: Sie sollen über zwei Jauchert umfassen.

Frage 5: Und was willst du jetzt damit tun?

Antwort: Was soll ich tun? Ihr wisst doch, dass ich nicht in der Lage bin, mit meinem Vermögen diese Böden urbar zu machen, Dung und Stroh zu kaufen oder Fuhrlohn zu bezahlen. Zudem kann ich nicht um Gottes willen um Hilfe bitten, denn manchmal bekomme ich nicht einmal ein Fuhrwerk. Nebenbei müsste ich meine Arbeit, von der ich lebe, vernachlässigen und zwei bis drei Sommer opfern, bevor ein solcher Boden brauchbar gemacht wäre.

Frage 6: Wäre es denn genug Boden, wenn er einmal urbar wäre?

Antwort: Nein, ein Drittel davon ist eine steile Halde, voller Steine, Gries und Stauden. Wollte man sie roden, müsste man Fußketten aus Tirol kommen lassen. Von Georgi bis Martini zwei Kühe im Stall zu füttern, bräuchte man vier Fuder Heu und ein Fuder Stroh – und ob die ersten beiden Fleck Böden das liefern, weiß ich nicht, wohl aber die drei vorgeschlagenen Männer, die dies beurteilen können.

Frage 7: Und was wirst du nun tun?

Antwort: Diejenigen, die mich aus meinem großen Blumengarten vertrieben haben, sagten, wenn jemand seinen erhaltenen Anteil nicht behalten wolle, könnten sie ihm jährlich 6 Gulden dafür zahlen. Ich sehe keine andere Möglichkeit, als meinen Anteil für 6 Gulden zu überlassen. Damit zahle ich die Steuer und Abgaben, und für das übrige kaufe ich meinen zwei kleinen Kindern Milch. Dennoch bleibt die Sorge, dass mir in einem Jahr der Anteil entzogen wird, wenn ich ihn nicht für 8 Gulden abgebe, und so geht es weiter, bis solch ein Anteil einmal einen Wert erreicht – ähnlich dem französischen Papiergeld.

Frage 8: Adam, was glaubst du? Wird man noch Korn anbauen können, wenn das Vieh nicht mehr auf die Felder getrieben wird?

Antwort: Das weiß ich nicht, ich bin kein Bauer. Ihr müsst einen Bauern fragen. Doch eines weiß ich genau: Die Feldbesitzer haben sich über die Rübsamen auf der Brache beklagt, weil diese nicht mehr durch das Vieh festgetreten wurden und dem Kornbau sehr schadeten. Also wurde der Anbau der Rübsamen eingestellt, damit die Felder wieder durch das Vieh getreten werden konnten. Als Entschädigung erhielt der damalige Dekan und Pfarrer Nied aus unserer Mutter Kirche die sogenannte Tobelbach als Zuteilung. Nun weiß ich nicht, welche neue Kunst erfunden werden soll, um Korn anbauen zu können, ohne das Vieh auf die Felder zu treiben und die Brachflächen zu verdichten.

Ein kritischer Rückblick

Adam hat die Situation als schwierig und unlösbar dargestellt. Doch letztendlich wurden alle Viehweiden kultiviert, und das Vieh erhielt mehr und besseres Futter als auf den früheren ungepflegten Weiden. Wir haben dieses Schriftstück ausführlich wiedergegeben, weil es einen ausgezeichneten Einblick in die damalige Beschäftigung und das Denken der Obergünzburger gibt.

Wie fast regelmäßig bei derartigen großen und folgenreichen Gemeindeprojekten sind viele nicht in der Lage, ihren Blick über die nächstliegenden Vorteile oder Nachteile hinaus zu erheben. Die Betonung des Gegensatzes zwischen „Einheimischen“ und „Fremden“ fehlt nicht, und viele begegnen „Neuigkeiten“ von vornherein mit unüberwindbarem Misstrauen.

(Fortsetzung folgt.)



31 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
31 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
Quelle:  Obergünzburger Tagblatt erschienen am 17.05.1920

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