Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.
Der Schwedenkrieg in der Umgebung von Obergünzburg – Teil 10
Dezember 1632
Am 9. Dezember sandten unsere Kemptener strenge Mandate aus: Jede Pfarrei sollte 3 bis 4 Maurer stellen – mit Spitzhämmern und Steinwerkzeugen, um das Kloster vollständig abzubrechen, da man wegen der Kälte nicht mehr schanzen konnte. Die Maurer mussten von den Gemeinden selbst bezahlt und verpflegt werden.
Am 28. Dezember, dem Unschuldigen Kindertag, wurde Landsberg durch die kaiserlichen Truppen zurückerobert. Die Schweden verübten während der Weihnachtstage zahlreiche Gräueltaten – in bisher unbekanntem Ausmaß. Alle Winkel und Weiler waren voller Räuber, Vieh und Pferde in höchster Gefahr, Brand und Schwert so alltäglich wie Brot am Laden.
Sie erschossen einen Fuhrmann bei Obergünzburg, setzten das Haus eines Lederers in Brand, das jedoch wieder gelöscht wurde. Unsere Weihnacht war von Leid erfüllt. Am Monatsende kamen die kaiserlichen Truppen aus Landsberg und anderen Orten, vertrieben die Mörder und schufen etwas Ruhe – Gott gebe, dass sie von Dauer sei und Glück zum neuen Jahr bringe. Amen.
Januar 1633
Am 2. Januar nahmen die kaiserlichen Truppen mittags gegen 11 Uhr die Stadt Kaufbeuren ein und lagerten nachts bei Obergünzburg mit rund 806 Mann und 4 Geschützen. Gegen 2 Uhr morgens zogen sie auf Memmingen weiter, um es zu entsetzen. Unsere Kemptener waren währenddessen in großer Angst und durften niemanden aus der Stadt lassen.
Bald darauf kam Feldmarschall Johann von Aldringen mit einer Streitmacht von 16.000 Mann und 70 Geschützen und begann am 6. Januar, dem Dreikönigstag, mit der Belagerung von Memmingen. Die Stadt wurde stark beschossen und kehrte am folgenden Tag zurück unter kaiserliche Devotion.
Am 7. Januar kam auch Graf Wolf von Styrum, kaiserlicher Kommissar, mit 25.800 Mann aus Wangen nach Kempten. Inzwischen waren alle Dörfer und Weiler voller plündernder Soldaten, die das letzte raubten, was noch vorhanden war. Die Kaiserlichen plünderten ebenso schnell wie die Schweden – allerdings waren sie milder gegenüber der Bevölkerung.
Da die 2.500 Mann zur Plünderung nicht ausreichten, musste Aldringen den Obristen Wallen mit vier Reiter- und sechs Fußregimentern von Memmingen herschicken – mit 14 Halb-Karthaunen. Zwei davon wurden in die Laurentiuskirche, zwei in das zerstörte Stift, eine in die Nikolauskapelle, eine hinter das Haus des Trompeters, eine hinter den Hochaltar gepflanzt.
Am 13. Januar begann die erbarmungswürdige Belagerung. Nachmittags um 15 Uhr wurde die Stadt gestürmt und bis 17 Uhr eingenommen (laus Deo). Nun begann auch unser Stift sich zu regen, das lange geschwiegen hatte. Viele waren überrascht, dass noch solche kaiserliche Macht vorhanden war.
Im Sturm fielen einige Soldaten. In der Nacht wurde alles niedergemacht, was man ergreifen konnte. Wer sich nicht teuer genug freikaufen konnte, wurde erschlagen. Der Bereich von der Mauer bis zum Fischertor und die Malzmühlen bis zum Hasenmarkt brannten nieder.
Der Ausgang war entsetzlich. Viele lagen tot auf der Straße – Menschen, die mit einem Wort um Quartier hätten bitten können, taten es nicht. Zwei Bürger begegneten einem kaiserlichen Leutnant und wurden gefragt, ob sie sterben oder Quartier wollen. Sie antworteten nicht, sondern sprangen wie Wiedertäufer in die Iller und ertranken.
Ungehorsam und Halsstarrigkeit kosteten mehr als 500 Seelen das Leben. Die Plünderer ließen einen zweitägigen Trientermarkt zu, auf dem sich die Bauern wieder mit ihren zuvor gestohlenen Gütern eindecken konnten. Silberne Becher, Ringe, Gürtel, Strümpfe mit Gold- und Silberfäden – alles wanderte von Ort zu Ort. Viele Soldaten hatten mindestens einige Leinenwaren und wertvolle Kramwaren erbeutet.
(Fortsetzung folgt.)
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