Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.
Der Schwedenkrieg in der Umgebung von Obergünzburg – Teil 6
In diesem Monat war niemand besser dran als diejenigen, die viel schuldig waren – denn niemand wagte, sie zur Zahlung aufzufordern. Es war weder Geld noch Obrigkeit vorhanden, und mit der Obrigkeit war auch die Göttin Justitia verschwunden. Wer mehr stehlen konnte, galt als der Beste. Der Gerechte konnte sich nicht mehr zeigen, geschweige denn offen über Gerechtigkeit sprechen.
Unser Kloster stand zwar noch, war jedoch leer und verlassen, kein heller Wert war mehr darin zu finden. Die Weber schlugen ein, was an Holz und Täfer noch übrig war, zerstörten das Dach, sodass bald der Verfall einsetzte. Wer den größten Schaden verursachte, war Bürgermeister – sie machten sich selbst ihre Rechnungen, meinten damit obsequium se praestare Deo (sie würden Gott damit einen Dienst erweisen). Nachdem alles gut ausgespült war, wandten sie sich den Bildern zu. Im Refektorium war unter anderem ein Gemälde mit dem Wappen des seligen Abts Wollfurth, darunter die Inschrift „Von Gottes Gnaden“. Die Vandalen kratzten das „Gottes“ aus – es sollte heißen „ohne Gottes Gnaden“.
So, meinte man, hätte es auch Martin Luther getan, der aus der Schrift alles entfernte, was ihn störte, und stattdessen das hinzufügte, was seinem freien Leben förderlich war.
Die gottesdienstliche Ordnung war zu jener Zeit in allen Pfarreien schwer gestört. Es ging das Gerücht, die Schweden hätten nichts Lieberes getan, als eine Kirche voller Bauern zu überfallen, unter die Tür zu treten und einen nach dem anderen niederzuhauen. Das war ein willkommener Vorwand für jene, die der Kirche ohnehin fernblieben.
Viele Pfarrer wurden vertrieben, besonders jene, die zuvor ein gutes Auskommen hatten. Diese verfolgte man besonders erbittert, wohl auch in der Hoffnung auf „ein starkes Opfer“, was in der Tat oft geschah: Viele wurden fortgeführt, ranzioniert, schwer geplagt und angefochten.
Besonders traf es den ehrwürdigen Alten in Krugzell und Reichholzried, der enthauptet wurde, ebenso den Pfarrer von Niederrieden. Auch Pfarrer aus Dietmannsried, Vöhringen, Probstried, Untrasried, Günzburg und Ebersbach erlitten große Not – kaum einer entkam.
Die Soldateska war so findig, dass sie – wenn sie den Pfarrer nicht antrafen – im Pfarrhof mit Blinden einen „vacuum rusticum“ veranstalteten. Eramus prope vivi martyres – wir waren fast lebendige Märtyrer.
Ich habe in diesem Monat nicht wenige Leute jammern hören: „Zur besten Zeit hätten wir uns noch einen Krieg gewünscht. Jetzt, zur besten Erntezeit, haben wir ihn, und das Gebet und Krankenbesuch ist unmöglich.“ Mancher betete: „Herr, nimm den Krieg hinweg und schick stattdessen die Pest.“ Sic saepius nescimus quid petamus – so wissen wir oft nicht, was wir eigentlich bitten.
Ein Mandat an die Geistlichen
Zusätzlich zu all dem Leid kam ein schwedisches Mandat an alle Pfarrer, unterzeichnet vom schwedischen Kommissar Ferdinand Göl von Kempten. Es stammte von Rittmeister Christoph Schmelz, der mit vier Dragonern ein ernstes Kommando führte. Jeder Pfarrer sollte auf der Stelle ein gesatteltes Pferd samt einigen Fudern Heu liefern. Die Kemptener sollten 70 Dragoner unterhalten, die täglich ausreiten mussten.
Obwohl die Geistlichen kaum noch Pferde besaßen, befahl Rittmeister Schmelz, das beste Pferd des Pfarrers mit Gewalt zu beschlagnahmen. Dem Bauern, dem das Pferd gehörte, wurde erlaubt, sich den Wert über den Zehnten selbst zu erstatten – bis er „in optima forma content“ war.
Da kaum noch gute Pferde vorhanden waren, wurden diese in Karren gespannt. Wenn die Pferde nicht gehorchten, sagte der Fuhrmann – spöttisch über die Geistlichen: „Hui Pfaff, hui fauler Pfaff!“ So nannten sie diese Pferde schlicht „Pfaffenpferde“.
(Fortsetzung folgt.)
Quelle: Obergünzburger Tagblatt erschienen am 27.07.1920