54 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg

54# Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg von 1920

Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.


Handel, Märkte und Abgaben in der Pflege Obergünzburg (1714)

Im folgenden Abschnitt der Pflegebeschreibung von Obergünzburg (1714) beschreibt Pfleger Eberhard Andreas Freiherr von Stuben die Handelsregeln, Marktordnungen, Zollwesen und Abgabenpflichten in der Pflege.

Handwerker und Zünfte

Die Handwerker sind in bestimmten Zünften organisiert. Diese halten jährlich ihren Zunfttag in der Kirche und treffen sich bei der Lade auf dem Hörberg.

Die Barbiere, Bader, Krämer und Strumpfwirker gehören zum fürstlichen Stift, die Sattler wechseln alle drei Jahre ihre Lade und veranstalten teils in Obergünzburg, teils in Kempten ihre Zunfttage.

Rechnungslegung: Die Zünfte legen ihre Rechnungen jährlich vor versammelter Zunftgemeinde beim Zunfttag offen.

Obermeister: Der Obermeister wird von den Zunftmitgliedern gewählt und muss von der Obrigkeit des Orts bestätigt werden.

Juden

Juden sind derzeit in der Pflege nicht ansässig. Früher lebten in Obergünzburg einige Juden, diese wurden jedoch vertrieben. Seither wird Neuzuzug von Juden untersagt, sie haben ihre eigene Gemeinde in Irsee.

Wochen- und Jahrmärkte

In der Pflege werden folgende Märkte abgehalten:

Zollerhebung

Wage- und Standgeld: wird von der fürstlichen Herrschaft eingenommen.

Schultergeld: erhebt der Amtsknecht.

Handel außerhalb der Markttage

Erlaubt: Der Verkauf von Rindern, Pferden und Kälbern ist gegen Zahlung des Zolls auch unter der Woche gestattet.

Verboten: Der Verkauf von Hühnern, Eiern, Butter, Schmalz, Fäden usw. ist außerhalb der Markttage untersagt. Bei Zuwiderhandlung drohen Konfiskation der Ware und Geldstrafe.

Landstraße und Verkehr

Folgende regelmäßige Verkehrsverbindungen führen durch die Pflege Obergünzburg:

  • Jeden Donnerstag zwei Frachtwagen nach Kempten.
  • Ein Fuhrmann fährt von Kaufbeuren nach Kempten und zurück.
  • Alle sechs Wochen fährt ein Fuhrmann von Memmingen durch Obergünzburg Richtung Lindau und zurück, bringt Waren und Eisen mit.
  • Von Hopferbach fahren Händler zur Dietmannsrieder Straße, um dort Getreide einzukaufen und auf den Markt in Obergünzburg zu bringen.
  • Jeden Mittwoch reitet ein Bote von Kempten nach Augsburg und kehrt am Samstag zurück.

Zollstationen in der Pflege

Es gibt in Obergünzburg zwei Zoller:

  • Ein Zoller erhebt den Zoll an den Markttagen.
  • Der andere erhebt den Zoll unter der Woche für Rinder- und Pferdehandel sowie Wege- und Durchgangszoll.

Weitere Zollstationen befinden sich in:

Je mehr Zollstationen man eingerichtet hat, desto geringer fiel der tatsächliche Zollertrag aus.

Handel bei den Häusern und in den Weilern

Die fürstliche Gnade erlaubt den Untertanen, Pferde, Rinder und Kälber auch unter der Woche zu verkaufen — sofern der entsprechende Zoll entrichtet wird.

Für andere Waren sollte das fürstliche Stift überlegen, ob es den Wochenhandel wieder abschafft oder zumindest einen doppelten Zoll für diese Concession erheben lässt, um die Verluste beim Markt- und Wochenzoll auszugleichen.

Mühlen und Maße

Die Mühlen in der Pflege unterliegen der gültigen Maßordnung. Diese wird teils durch das Pflegeamt, teils durch von der Hofkammer abgeordnete Beschauer kontrolliert.

Nachsteuerpflicht beim Wegzug

Leibeigene Untertanen sind bei Wegzug zur Zahlung der Nachsteuer verpflichtet — auch wenn sie sich auf eine Befreiung von der Leibeigenschaft berufen (wie einige in der Pfarrei Ebersbach).

Beim Wegzug ins Gartenbachische oder ins Ottobeurer ist ein Abzugsgeld zu leisten.

Accis und Umgeld

Folgende Accis (Abgaben) sind zu entrichten:

(Fortsetzung folgt.)



54 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
54 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
Quelle:  Obergünzburger Tagblatt erschienen am 21.01.1921

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