50 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg

50# Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg von 1920

Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.


Jagdstreit und Forstgrenzen der Pflege Obergünzburg (1714)

In der Fortsetzung der Pflegebeschreibung von Obergünzburg aus dem Jahr 1714 behandelt Pfleger Eberhard Andreas Freiherr von Stuben den alten Streit um das sogenannte „Mitjagen“ zwischen der fürstlich-kemptischen Pflege Obergünzburg und der benachbarten Herrschaft Schönau.

Streit um das Mitjagen

Bereits im Jahr 1608 war zwischen der Pflege Obergünzburg und den Fuggerischen Grafen eine Vereinbarung geschlossen worden, dass bis zum Ort Osterberg keine umstrittenen Jagden (das sog. „Mitjagen“) ausgeübt werden sollten. Doch die Fugger hielten sich daran nicht, woraufhin das fürstliche Stift Kempten seinerseits weiter das Jagdrecht beanspruchte.

Inzwischen hatten die fürstlich-kemptischen Jäger ihr Mitjagen immer weiter ausgedehnt und führten dabei auch die hohe Gerichtsbarkeit im Forstgebiet aus. Die Herren von Schönau hingegen bestritten dies und dehnten selbst ihr Jagdrecht über den Bremberger Weg und weiter in das fürstlich-kemptische Territorium aus, bis an die Mosmühle.

Bereits 1694 war es deshalb zu einer Konfrontation gekommen, als der damalige Statthalter von Liebenthann die Schönauer Jäger abwies. Im Herbst 1710 wurde im Schachen (zugehörig zu Schönau) wieder gejagt, worauf die fürstlich-kemptische Seite Protest einlegte. Dennoch ließen sich die Schönauer Jäger dies nicht verwehren. Im selben Herbst beschlagnahmte der fürstlich-kemptische Jäger Mathias Feigele auf Weisung des Pflegeamts Waffen und Wildmesser des Ronsperger Jägers, der im umstrittenen Gebiet jagte.

Obwohl der Oberamtmann von Stein gegen diese Beschlagnahme protestierte, behielt man die Waffen zur Wahrung der fürstlich-kemptischen Rechte ein.

Neuerliche Eskalation im Jahr 1711

Kurze Zeit später jagten die Steinischen erneut im umstrittenen Gebiet, worauf man nicht nur protestierte, sondern im April auf Befehl der Regierung selbst im Schachen gezielt Jagd abhielt und einen Hasen erlegte – als Repressalie.

Es folgten wechselseitige Proteste und Gegenproteste (sog. „Reprotestationen“). Der Konflikt blieb seither ungelöst.

Lösungsvorschlag des Pflegers

Zur Frage, ob dieser Streit beizulegen sei, äußerte sich der Pfleger von Obergünzburg vorsichtig:

„Ich bin der untertänigsten, doch unverbindlichen Meinung, dass man durch einen Vergleich diesen Streit wohl beilegen könnte.“

Was das Mitjagen betrifft, müsse es aus Gründen des Forstschutzes konsequent durchgesetzt werden. Alles, was dabei erbeutet werde, sei rechtmäßig im Besitz desjenigen, der es als Erster erjagt habe (primo occupantis). Zudem sei das Wild aus dem fürstlich-kemptischen Forst in das Mitjagen gezogen, was dem Stift wirtschaftlichen Schaden zufüge. Aus dem Steinischen Forst sei hingegen kaum Jagdertrag zu erwarten.

Grenzvorschlag für die Jagdrechte

Die Jagdrechte und Hoheitsgrenzen sollten wie folgt geregelt werden:

  • Die fürstlich-kemptische Gerichtsbarkeit erstrecke sich entlang einer Linie von Schorn, Meyren, Sigmayr, hinab über die Günz und die Högelsteiner Halden.
  • Das Stift Kempten solle die Jurisdiktion über Börwangen und angrenzende Orte behalten.
  • Die Steinischen sollten den Brennburger Wald zugesprochen bekommen, der Reinwald aber solle dem Stift vorbehalten bleiben.
  • Der Högelstein solle den Steinischen mit Vorbehalt überlassen werden, das Gebiet Rotach jedoch ausschließlich beim Stift verbleiben.

Schlösser, Dörfer, Weiler

Zum Schluss verweist der Pfleger darauf, dass es in der Pflege Obergünzburg noch etliche Schlösser, Dörfer, Weiler und Einöden gebe – hierzu folgt in der nächsten Fortsetzung eine detaillierte Aufstellung.

Am Rande notiert der Schreiber, dass im Jahr 1711 der Brennburger Wald offiziell den Steinischen überlassen worden sei – als später eingefügte Anmerkung im Manuskript.

(Fortsetzung folgt.)



50 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
50 Ausgabe Kleine Beiträge zur Geschichte von Obergünzburg
Quelle:  Obergünzburger Tagblatt erschienen am 03.11.1920

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