Diese Beiträge werden von der Heimatgemeinde Obergünzburg als gelegentliche Früchte ihrer Arbeit veröffentlicht. Sie sollen in zwangloser Folge fortgesetzt werden.
Die Waldungen und Abgaben der Pflege Obergünzburg (1714)
In der Fortsetzung der Pflegebeschreibung von Obergünzburg aus dem Jahr 1714 behandelt Pfleger Eberhard Andreas Freiherr von Stuben u. a. die Schlösser, Dörfer und Weiler, den Zehent, das Neubruch (Neuland) und die Nutzung der fürstlichen Wälder.
Schlösser, Dörfer und Weiler der Pflege
Derzeit sind in der Pflege Obergünzburg nur noch die Schlösser Liebenthann und Reicholzried vorhanden. Früher jedoch soll es laut älteren Ortsbeschreibungen noch mehrere heidenische Schlösser im Umkreis der Pflege gegeben haben. An einigen Orten sind noch Reste sichtbar; vermutlich wurden viele der Steine zum Bau von Kirchen verwendet.
An Flecken (Märkten) existiert einzig der Markt Obergünzburg. Dörfer sind Untrasried und Hopferbach. Ebersbach ist zwar ein zugehöriger Weiler, gehört aber kirchlich zur Pflege Kempten.
Weiler und Einöden gibt es zahlreiche — diese werden bei den jeweiligen Pfarrbeschreibungen genannt und erläutert.
Bevölkerung, Besitz und Abgaben
Die Mannschaft (Bevölkerung) sowie Vermögen und Haupterwerb der Einwohner werden bei den jeweiligen Ortsbeschreibungen genauer dargestellt. Hinsichtlich der Abgaben an das fürstliche Stift Kempten ist auf die Urbare zu verweisen:
- Teilweise besitzen die Einwohner Eigenbesitz, teils lehenspflichtige Güter oder ehemals bischöfliche, später dem Stift inkorporierte Güter.
- Einige Güter, besonders in der Pfarrei Ebersbach, sind exempt — die genaue Natur dieser Exemption wird in der Ortsbeschreibung erläutert.
Zehentverhältnisse
In den Pfarreien der Pflege nehmen folgende Personen den Zehent ein:
- die fürstliche Herrschaft (Stift Kempten),
- die Pfarrherren,
- die Heiligen (d. h. die Kirchenstiftungen),
- und in Teilen auch das Kloster Ronsperg.
In einigen Orten besteht ein alter, feststehender Zehentmodus; in anderen wurde dieser aufgehoben oder durch Geldleistungen ersetzt. Ebenso existieren auch zehentfreie Güter in der Pflege.
Neubruch und Forstrecht
Neubruch — das Urbarmachen neuen Landes — steht grundsätzlich dem jeweiligen Pfarrherrn zu. Jedoch darf niemand ohne ausdrückliche Erlaubnis der gnädigsten Herrschaft Neubruch betreiben. Wird diese Erlaubnis erteilt, behält sich die Herrschaft die Forstbann und das 9. Zehntrecht daran vor.
Der Kleinzehent gehört jeweils dem zuständigen Pfarrherrn.
Hohe Obrigkeit und Jagdrecht
Die hohe und niedere Gerichtsbarkeit (Imperium merum et mixtum) sowie das Jagdrecht übt der jeweilige Fürstabt von Kempten in der gesamten Pflege aus. Dieses Jagdrecht erstreckt sich auch bis in Teile der Ottobeurer und Steiner Gebiete.
Das Jagdwild besteht hauptsächlich aus Rehen und Hasen; fallweise auch aus Hirschen und Wildschweinen.
Fürstliche Waldungen
Die fürstliche Herrschaft besitzt bedeutende Waldungen:
- In der Pfarrei Obergünzburg: Nainswald, Steinbach, Rotach, das sog. Buch, sowie der Brenberger Wald. Diese sind alle den fürstlichen Grundherrengütern zugehörig.
- In der Pfarrei Untrasried: keine besonderen eigenen Wälder außer einem gemeinen Wäldlein der Gemeinde zur Nutzung für Brunnen-, Steg- und Wegebau.
- In der Pfarrei Hopferbach: nur die den Grundherrengütern zugeteilten Wälder; benachbart liegt der Echellerberg.
- In der Pfarrei Ebersbach: ein Lettenwald sowie ein Waldstück am Hohlen Weg.
Diese Wälder bestehen größtenteils aus Weißtannen und Rottannen, teils Buchen und Ulmen, kaum Eichen oder Föhren.
Nutzungsrechte
Die fürstliche Herrschaft nutzt diese Wälder hauptsächlich für:
- Feuerholz,
- Bretter und Bauholz zum Verkauf,
- und die Einnahmen aus den Stämmen und Klaftergeldern der Grundherrengüter.
Zu beachten ist, dass in der Pfarrei Ebersbach etliche ritterliche Familien davon befreit (exempt) sind.
(Fortsetzung folgt.)
Quelle: Obergünzburger Tagblatt erschienen am 15.11.1920